Wissenswertes über die Geschichte der Stadt Königsee

  Zu Beginn einen kurzen Überblick zur Entstehung und Entwicklung der Stadt, die den Karnevalsverein “Unweiser Rat Königsee - seit 1391 e.V.” beherbergt. Dies erscheint wichtig, damit die Zusammenhänge ein besseres Verständnis finden, warum ausgerechnet Königsee als vermutlich einzige Thüringer Stadt über ein Narrengericht im Mittelalter verfügt haben soll.
Der lateinische Name des unweisen Rates “senatus desipiens” bedeutet soviel wie “thörichter Rat“, also Narrenrat oder Narrengericht (senatus = die Zehn / der Rat und desipiens kommt von desipere in loco = zur rechten Zeit thöricht / ausgelassen sein).
Grundlage für die Existenz solcher Narrengerichte ist fast immer, daß der jeweilige Ort über eine Gerichtsbarkeit verfügt, dessen Urteile die unweisen Räte parodieren können. Einen Richter gibt es in Königsee seit mindestens 1350. Aber mit ziemlicher Sicherheit ist Königsee der Standort eines weitaus älteren Gerichtsortes. Zwar sagen die Zweifler, daß es unwahrscheinlich sei, daß ausgerechnet in dieser bewaldeten Einöde Gericht gehalten wurde.
Aber dem spricht entgegen, was Herr Dr. Deubler im Jahre 1965 auf dem “Gebörne”, also knapp einen Kilometer von Königsee entfernt, entdeckt hat. Er schreibt:

“An einer Feuerstelle ... dem großen Querlichsloch (auch Bärenkeller genannt) lagen Speerspitzen und brandgeschwärzte tierische Knochen. Die Radiocarbon-Untersuchung der Ascheschicht ergab eine Zeitstellung von 13.900 Jahren vor unserer Zeitrechnung.“

 

Bewohner der Querlichslöcher
vor ca. 3000 Jahren (Nachstellung)

 

 
Auf die “Lägerstätt” als Ort der Gerichtsmalstatt mit dem heiligen Hain deutet heute noch die nach der “Lägerstätt” weisende “Haingasse” in Königsee hin - im Volksmund “Bettelhahn” genannt (Bettel kommt von Bittel = Richter).
Die Rechtssprüche des Hunos oder Kunos (auch Wittekind genannt), dessen Richterstuhl nur mittels Nachen erreichbar war, waren so durchdacht und weise - Sigbert, das ist der weise Richter - daß sie weit und breit berühmt waren und sich ihnen auch andere Hundschaften unterwarfen.
Die Folge davon war, daß das Volk später, als schon die Erinnerung an die Hundschaft verblaßt war, aus dem Kuno einen König machten und dessen See nicht den Kuno-See sondern König-See nannten und diesen Namen auf die Siedlung am See übertrug. Auf dieses Gericht geht auch das Siegel der Stadt zurück, das schon 1306 einen geharnischten
Mann zeigt ... mit einem aufgerichteten gekrönten Löwen (gelben Hund). Der Ritter ... Ist nämlich Roland, das Sinnbild der hohen Gerichtsbarkeit und der Rechenbalken das Bild einer Schranke zur Einfriedung der Gerichtsmalstätte.
 

Stadtsiegel von 1306

 

 

Daraus erklärt sich die Bedeutung der Stadt Königsee für Südost-Thüringen im Bereich der Schwarza, Rinne und Wohlrose noch um 1564, denn noch bis dahin gehörte alles Land westlich der Stadt bis Langewiesen / Oehrenstock / Großbreitenbach zu Königsee.
Wann die Hundschaft am König-See ihre Freiheit verlor, läßt sich heute nicht mehr feststellen. Jedenfalls aber haben die um 1100 auftauchenden Grafen von Schwarzburg Rechte und Freiheiten Königsees immer mehr geschmälert und den Bereich der Königseer Gerichtstätigkeit immer mehr eingeschränkt.
Die Bedeutung und das Alter der Gerichtsmalstatt am König-See läßt auch die in A.L.Michelsen“Rechtsdenkmale aus Thüringen” (1859) abgedruckte Urkunde über Hegung des peinlichen Halsgerichtes bei Königsee im Jahre 1547 erkennen:
  “Hoch noth acht und peinlich Halsgericht unter der Thesitzs zwischen beiden Teichen uff freien Straßen gehegt und gehalten sonabend nach Cantate Anno 1547“
 

Gerade weil solche Halsgerichte nur an alten wichtigen Malstätten gehalten wurden, würde eine solche Verleihung die alte Gerichtsmalstätte am König-See nur bestätigen.
Das tut auch der Senatus desipiens (unweiser Rat, Narrenrat), den, ähnlich wie in Köln, früher alljährlich zur Fastnachtszeit die jungen Burschen in Königsee wählten und der in nachgeahmten förmlichen und feierlichen Hochgerichten über allerlei vorgebrachte Possen urteilte, die Angeklagten hoch, oft mit einigen Tonnen Goldes bestrafte, sich dann aber mit einigen Kannen Bier abfinden ließ.

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  Jochen Baumann
   
 
(Fortsetzung nachzulesen in der Chronik "Wissenswertes über die Geschichte der Stadt Königsee" ab Seite 23